Hofmann Voßen Rechtsanwälte vertreten Mandanten erfolgreich vor dem LG Essen (Az.: 41 O 8/24; nicht rechtskräftig) gegen eine Widerklage auf Zahlung von Vertragsstrafen in Höhe von 130.000,00 € wegen der vermeintlichen Begehung von verschiedenen Vertragsverletzungen unseres Mandanten, sowie im Rahmen einer negativen Feststellungsklage bezüglich des Nichtbestehens weiterer Vertragsstrafenansprüche gegen unseren Mandanten in Höhe von 45.000,00 €
Das Verfahren gab dem LG Essen die Möglichkeit, inhaltlich zu den vertraglichen Regelungen eines Franchisevertrages einer Franchisegeberin im Bereich der sog. „24-Stunden-Betreuung“ Stellung zu nehmen. Das Urteil ist aus unserer Sicht insbesondere deshalb bedeutsam, da die Franchisegeberin gleichlautende bzw. jedenfalls sehr ähnliche Franchiseverträge mit einer Vielzahl von Franchisenehmern abgeschlossen hat. Insofern dürfte die jetzige Entscheidung des LG Essen auch über den Einzelfall hinaus Bedeutung für die anderen Franchiseverträge und Franchisenehmer haben.
Zur Vorgeschichte des Urteils:
Im Rahmen bzw. im Nachgang zu den gegenseitigen Kündigungen des Franchisevertrages durch unseren Mandanten als ehemaligen Franchisenehmer und der Franchisegeberin Ende 2017, verhängte die Franchisegeberin gegenüber unserem Mandanten in mehreren Schreiben insgesamt Vertragsstrafen in Höhe von insgesamt 180.000,00 €. Die verhängten Vertragsstrafen wurden auf mehrere – angebliche – Vertragsverletzungen unseres Mandanten während der Vertragslaufzeit bzw. nach Beendigung der Franchiseverträge durch die ausgesprochenen außerordentlichen Kündigungen gestützt.
Seitens unserer Kanzlei wurden die Vertragsstrafen stets mit der Begründung zurückgewiesen, dass die entsprechende vertragliche Regelung unwirksam ist und auch entsprechende Verstöße unseres Mandanten gegen vertragliche Bestimmungen nicht vorliegen.
Das Urteil des LG Essen vom 26.07.2024:
Nach Ansicht des Gerichts ist die Vertragsstrafenregelung des in diesem Gerichtsverfahren streitgegenständlichen Franchisevertrages (§ 21.1 und 21.2 des Franchisevertrages) unwirksam. Die entsprechenden Regelungen sind nach Ansicht des Gerichts gemäß § 307 Abs. 1 S. 2 BGB intransparent und benachteiligen den Kläger, also den ehemaligen Franchisenehmer, daher unangemessen. Das Gericht bestätigt insoweit die von uns bereits seit Jahren vertretene Rechtsauffassung.
Dies begründet das Gericht insbesondere damit, dass die vertraglichen Regelungen unter § 21.2 bezüglich der dort angegebenen Richtwerte („Richtschnur“) für die verschiedenen Verstöße keine ausreichende Anknüpfungsgrundlage enthalten. Es bleibe insbesondere offen, an welchen konkreten und in welcher Weise gewichteten Verstoß die jeweils angeführte Richtschnur anknüpfe. Der Vertrag regle insbesondere nicht, dass die Richtschnur einen durchschnittlichen Verstoß meine. Selbst wenn dies angenommen würde, wäre die Regelung dennoch intransparent, weil ein durchschnittlicher Verstoß nicht definiert werde. Dies eröffne letztendlich die Möglichkeit, für jeglichen Verstoß eine Vertragsstrafe in Höhe der Richtschnur festzusetzen. Deshalb sei die „Richtschnur“ nicht transparent geregelt und benachteilige den Vertragspartner unangemessen. Aufgrund des untrennbaren Zusammenhangs der Regelung in § 21.1 und 21.2 sei die Regelung zur Vertragsstrafe insoweit insgesamt unwirksam.
Das Urteil ist zwar nicht rechtskräftig, da mittlerweile sowohl der Kläger als auch die Beklagte zu 1) gegen das Urteil Berufung eingelegt haben, wir sind aber zuversichtlich, dass die Entscheidung des LG Essen bezüglich der Unwirksamkeit der Vertragsstrafenregelung auch in der Berufungsinstanz Bestand haben wird.
Sollte das Urteil hinsichtlich der Unwirksamkeit der Vertragsstrafenregelung auch in der Berufungsinstanz Bestand haben, so dürften sämtliche durch die Franchisegeberin auf Grundlage der streitgegenständlichen Vertragsstrafenregelung verhängten Vertragsstrafen unwirksam gewesen sein. Dies dürfte aus unserer Sicht ebenfalls für verhängte Vertragsstrafen auf Grundlage von gleichlautenden oder sehr ähnlich formulierten Vertragsstrafenregelungen in anderen Franchiseverträgen gelten. Sofern durch andere (ehemalige) Franchisenehmer Vertragsstrafen geleistet wurden und entsprechende Rückforderungsansprüche noch nicht verjährt wären, dürften die Zahlungen wohl von der Franchisegeberin zurückgefordert werden können.